Besonderheiten bei der Regulierung von Schadenersatzansprüchen bei Auslandsunfällen

Der Auslandsunfall

"Wenn einer eine Reise tut, dann   kann er was erleben".

Der Volksmund hat bei dieser Redensart sicherlich noch nicht an Massenverkehr und Auslandsreisen mit dem Pkw gedacht.  Der Privat- und Geschäftsreiseverkehr mit Pkw, Lkw und anderen Kraftfahrzeugen in alle Teile Europas umfasst inzwischen mehrere hundert Millionen Grenzübertritte. Dass es dabei zu Unfällen kommt, ist also nur eine statistische Frage. Jährlich ereignen sich ca. 500.000 Verkehrsunfälle in Europa, an denen deutsche Verkehrsteilnehmer beteiligt sind. Sein blaues Wunder erlebt aber so mancher verunfallte Reisende erst nach seiner Rückkehr, wenn er von Deutschland aus die Unfallregulierung in Angriff nimmt.

Bei Auslandsunfällen dauert die Schadenabwicklung oft länger als ein Jahr. Lediglich bei einfach gelagerten Sachverhalten mit völlig unstreitiger Haftungslage kann die Regulierung schon in sechs bis acht Monaten abgeschlossen sein. Gemeinsam haben alle Unfälle mit Auslandsbezug, dass die Regulierung oftmals mit viel Ärger verbunden ist.

Wahl des richtigen Anspruchsgegners

Bei Auslandsunfällen kann die Auswahl des richtigen Anspruchsgegners Probleme bereiten. Schwierigkeiten können sich schon bei der Ermittlung des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ergeben. Während in Deutschland zu diesem Zweck ein zentrales Register besteht, in dem der entsprechende Haftpflichtversicherer für jedes zugelassene Auto registriert ist, ist dies etwa in Frankreich, Italien und Spanien nicht der Fall. Für den Geschädigten ist es hier besonders wichtig, sich noch am Unfallort von einem - meist an der Windschutzscheibe des Unfallgegners angebrachten - Aufkleber die Nummer der Versicherungspolice und den Namen der Versicherungsgesellschaft zu notieren.

Während in Deutschland zudem Haftpflichtansprüche immer auch direkt gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer gerichtet werden können, ist dies im europäischen Ausland nicht immer möglich. Vielmehr muss zunächst der Unfallverursacher selbst in Anspruch genommen werden, der dann wiederum seinen Haftpflichtversicherer zwecks Regulierung des Schadens einschaltet.

 

Geltung ausländischen Rechts

Grund für die genannten Schwierigkeiten bei der Abwicklung von Auslandsunfällen ist der Umstand, dass bei Auslandsunfällen grundsätzlich das Verkehrs- und Schadenersatzrecht des Landes gilt, in dem sich der Unfall ereignet hat.  Nur wenn beide Unfallbeteiligte Deutsche sind, kann für einen Verkehrsunfall im Ausland ausnahmsweise deutsches Recht zur Anwendung kommen.

Neuerdings können Verkehrsunfallschäden, die in einem anderen EU-Land eingetreten sind, nach der 4. Kfz-Haftpflichtrichtlinie in Deutschland abgewickelt werden. Allerdings muss auch dabei ausländisches Haftungs- und Verkehrsrecht zu Grunde gelegt werden. Die Schadenregulierung und der Schadenersatz richten sich somit in aller Regel nach dem am Unfallort geltenden Recht.

Zudem besteht vielfach bei der Unfallregulierung eine sprachliche Barriere, die einen schnellen Schadenausgleich oftmals erschwert oder zumindest verzögert. Denn der Geschädigte muss bei Auslandsunfällen seine Ansprüche unmittelbar beim gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherer geltend machen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein in deutscher Sprache verfasstes Anspruchsschreiben gar nicht oder nur sehr zögerlich bearbeitet wird. Vor diesem Hintergrund ist es bereits als hilfreich anzusehen, wenn der Unfall wenigstens mit einem mehrsprachigen europäischen Unfallbericht ordentlich protokolliert worden ist. Einfacher läuft es, wenn der ausländische Haftpflichtversicherer des Unfallgegners in Deutschland einen Regulierungsbeauftragten hat, mit dem in deutscher Sprache korrespondiert werden kann.

Uneinheitliche Schadenersatzregelungen in Europa

Die Schadenersatzregelungen der europäischen Länder sind nicht einheitlich ausgestaltet, sondern weichen erheblich voneinander ab. Von Harmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist hier noch nicht viel zu erkennen. Bereits die Schadenersatzregelungen vieler westeuropäischer Länder und die Umfänge dessen, was als noch erstattungsfähiger Schaden angesehen werden kann, unterscheiden sich sehr vom deutschen Recht.

Grundsätzlich gehen die Rechtsordnungen der einzelnen Länder zwar davon aus, dass Einbußen am Eigentum ersatzfähig sind und daher vom Schädiger ausgeglichen werden müssen. Bereits die Definition wird aber von Land zu Land vollkommen unterschiedlich beurteilt. Insbesondere bei der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten, der Höhe der Reparaturkosten sowie der Erstattung von Nutzungsausfall und Wertminderung gibt es erhebliche Abweichungen. Auch bei der Beurteilung der Ersatzfähigkeit von indirekten Schäden bestehen deutliche Unterschiede.

 

GEWISSENHAFT • UNABHÄNGIG • UNPARTEIISCH

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